In den Quellen wird der jüdische Friedhof als "Judensäcker" bezeichnet.
Seine lange Geschichte spiegeln die 395 Grabsteine. Sie sollen hier nach und nach dokumentiert werden.
Die folgende Darstellung zum jüdischen Friedhof in Diespeck folgt über weite Strecken der 12-seitigen Broschüre "Der Judensäcker in Diespeck" (2003) von Ilse Vogel mit freundlicher Genehmigung der Verfasserin. Exemplare der kleinen Broschüre sind über die Gemeinde Diespeck für 2€ erhältlich. Weitere Literaturangaben finden sich am Ende dieser Seite.
In der Stadt Neustadt bildete sich erst im 19. Jahrhundert eine jüdische Gemeinde, nachdem die jüdische Familie Erlanger 1865 aus Dottenheim in Neustadt zugezogen war.
Dagegen gab es im kleinen Nachbarörtchen Diespeck im 18. Jahrhundert 27 Familien, in denen (im Jahr 1776) 163 Personen lebten; in Pahres waren es nochmal 23 Familien.
Damit waren die jüdischen Gemeinden Diespeck und Pahres mit die mitgliedsstärksten im Umkreis.
Den Friedhof gibt es seit dem Jahr 1786, als man die Umfassungsmauer anlegte. Er liegt abgelegen, oberhalb des Dorfes und ist von außen kaum einsehbar in einer kleinen Baumgruppe verborgen.
Das ist typisch für die jüdischen Landfriedhöfe in Franken - sie mussten oft weit außerhalb der Orte an steilen Hängen angelegt werden, weil die Grundstücke von den jüdischen Gemeinden gekauft werden mussten und landwirtschaftlich nicht nutzbarer Boden billiger war.
Für die jüdische Gemeinden in Diespeck und Pahres und für die in Neustadt lebenden Juden bedeutete die Gründung des Friedhofs in Diespeck eine erhebliche Erleichterung, da die Toten zuvor im ca. 15 Kilometer von Diespeck entfernten Ullstadt beigesetzt werden mussten.
Außerdem wurde von den Pahreser Juden ein Wegzoll für den Transport ihrer Leichen durch Diespeck fällig: Für erwachsene Tote verlangte der Pfarrer in Diespeck 2 Gulden, für nichterwachsene 1 Gulden.
Über die Jahrhunderte wurden auf dem Diespecker Friedhof 395 Menschen bestattet, zunächst die Angehörigen der jüdischen Gemeinden Diespeck und Pahres, später auch die Neustädter Juden.
Das erste Grab wurde 1787 neben dem bereits im Vorjahr erbauten Tahara-Haus angelegt. Auf dem Grabstein steht:
"Hier liegt begraben
der sehr alte und weise Herr Ezik, Sohn des Schloss von Pahres,
gestorben und begraben 1787
und dies ist das erste Grabmal"
In chronologischer Reihenfolge wurden die Toten aus Diespeck und Pahres bestattet. Die Grabsteine waren von unterschiedlicher Qualität, was ihren heutigen Zustand z.T. erklärt.
In den Reihen IV bis XIV sind viele Grabsteine abgebrochen, wobei unklar ist, ob dies auf natürliche Weise oder durch mutwillige Zerstörung geschah.
Im Vergleich zu anderen jüdischen Friedhöfen gilt der Diespecker Judensäcker als gut erhalten und als sehr gepflegt. Wegen seiner geringen Größe ist er überschaubar, obwohl er mit seinen hohen Bäumen durchaus parkähnlichen Charakter hat.
"Genau 150 Jahre lang, von 1787 bis 1937, bot er den Gläubigen Asyl, denn von ihrem Wohnrecht im Verheißenen Land konnten sie lebenslänglich nur träumen. Mit dem Blick nach Osten, dorthin, wo das irdische Jerusalem liegt, erwarten sie den Messias, dass er hierher kommt ins Haus des Lebens in Diespeck"1
Hier erfahren Sie bald mehr.
Im Vergleich zu anderen Friedhöfen weist der Diespecker Judensäcker relativ schlichte Grabsteine auf. Klare, klassische Formen dominieren, vereinzelt finden sich aber sehr schön verzierte Steine, die hier präsentiert werden sollen.
Im Moment ist hier noch "Baustelle", mehr Informationen kommen bald.
Nur zehn junge Gräber zeigen den Davidstern, das Zeichen der zionistischen Bewegung seit dem 19. Jahrhundert. Der erste, auf dem das Hexagramm heute noch sichtbar ist, ist der von Lorchen Hecht, gest. am 25. Oktober 1918 (XXIV,17; XXIV,18; XXV,9; XXV,11; XXVI,6; XXVI,12; XXVII,1; XXVII,3; XXVII,4; XXVII,5).
Auf einem einzigen Grabmal findet sich das Symbol, das anzeigt, dass dort ein Levit begraben liegt: Schmai Kuhlmann aus Diespeck (XXII,8).
Das älteste überhaupt nachweisbare Symbol auf den Grabsteinen des Diespecker Friedhofs ist die Krone. Es findet sich auf den Steinen VIII,12 und
Im Rahmen der Buchveröffentlichung "Der Judensäcker. Begräbnisstätte der Juden in der Diespecker Flur 1785-1938" im Jahr 2010 hat Frau Vogel einen Großteil ihrer Dokumentation der Grabstellen auf dem Judensäcker in Buchform publiziert.
Darüber hinaus wird auf dieser Seite eine Online-Dokumentation aller Grabstellen angeboten. Sie erreichen Sie mit folgendem Link:
Zur Dokumentation
Sie kamen nachts und hausten wie die Vandalen. 63 Steine wurden irgendwann zu Jahresbeginn 2007 umgeworfen, zum Teil brutal aus der Verankerung gerissen, viele abgebrochen, einige niedergetrampelt. Die mutmaßlichen rechtsradikalen Täter verfolgten ihr Zerstörungswerk so lange, wie ihre Kräfte reichten.
Gerade die Sorgfalt, mit der sie das Kriegerdenkmal schändeten, lässt vermuten: Sie wussten, was sie taten!
Eine Dokumentation der geschändeten und wieder aufgerichteten Grabsteine finden Sie auf der Seite Schändung.
1 Ilse Vogel, Der Judensäcker in Diespeck. Begräbnisstätte der Gemeinden in Diespeck und Pahres, später Friedhof für die israelitische Kultusgemeinde Diespeck-Neustadt. o.O. 2003, S. 12.
Die Informationen zum Diespecker "Judensäcker" stammen z.T. aus der Berichterstattung der
Fränkischen Landeszeitung (u.a. FLZ Nr. 64 vom 17./18. März 2007, o.S. und aus verschiedenen Quellen im Internet (s. unter Links).
Informationen zum jüdischen Leben in Neustadt und Umgebung finden sich in Max Döllner, Entwicklungsgeschichte der Stadt Neustadt an der Aisch bis 1933. Neustadt 1950, S. 163-173. [Umfassendes, allerdings auch recht altbackenes und umstrittenes Standardwerk zur Neustädter Stadtgeschichte]
Weitere verwendete Literatur:
Jim G. Tobias, "Judenfrei!" Nur noch die Steine zeugen vom jüdischen Leben in Franken. Nürnberg 1995. [Katalog einer foto-dokumentarischen Ausstellung zum 60. Jahrestag der Verkündung der "Nürnberger Rassengesetze" mit vielen Bildern jüdischer Friedhöfe in Franken]
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